
Leider kommt es auch in der Yoga- und spirituellen Szene immer wieder zu Fällen von Missbrauch. Ich denke da an John Friend (Anusara Yoga), Bikram Choudhury (Bikram Yoga), Maharishi (Transzendentale Meditation) und zuletzt Yogi Bhajan (Kundalini Yoga), um nur einige zu nennen. Mich haben als langjährige Kundalini-Yoga-Praktizierende und Lehrerin vor allem die Enthüllungen über Yogi Bhajan verstört. Den Opfern, vor allem auch denen der 2. Generation gilt mein tiefes Mitgefühl. Ich habe lange überlegt und immer wieder hingespürt und dann beschlossen, „Nicht dem Lehrer, sondern der Lehre“ Glauben zu schenken und nur das, was ich selbst vertreten kann und was ich aus eigener Erfahrung als nützlich und sinnvoll erachte, zu unterrichten und weiterzugeben. Kundalini Yoga hat mein Leben bereichert und warum soll ich dies nicht weiterhin teilen?
Auf besonders spannende Weise hat meine Yoga-Kollegin, Schriftstellerin und Chefredakteurin des Kundalini Yoga Journals Kerstin Ravi Kirn Kaur Leppert das Thema in ihrem neuen Roman „Die Rückseite des Lichts“ verarbeitet. In einer treffenden Rezension von Helmut Mathar heißt es:
"Thematisch geht es in diesem Roman neben Yoga und Spiritualität um die Ausübung von Macht, Abhängigkeit, Doppelmoral, Unterwürfigkeit und Missbrauch. Beeindruckend finde ich, wie differenziert auch die Sicht des Möchtegern–Gurus geschildert wird. Zum einen genießt er es, von anderen bewundert zu werden, sie gegenseitig gegeneinander auszuspielen, wie sich alle nach ihm richten und er sich alle Sonderrechte (Promiskuität, Reichtum, …) nehmen kann. Zum anderen empfindet er es als schwere Bürde, in den Augen seiner Anhänger ein Erleuchteter zu sein. Tiefgründig finde ich auch, wie immer wieder auf ein zentrales menschliches Bedürfnis verwiesen wird, dass derartige Machtstrukturen und Missbrauch erst möglich macht: Das Bedürfnis, Teil einer besonderen Gruppe mit einer besonderen Mission zu sein und als Teil einer solchen Gruppe einen eigenen Beitrag (seva) leisten zu können. Hinzu kommt sicher die unbewusste menschliche Sehnsucht nach einer guten Herrscherin oder einem guten Herrscher, an die man Verantwortung abtreten kann, auch wenn dieser Aspekt meist verdrängt oder nicht zugegeben wird."
Also, ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen…
“Mache das, was der Lehrer sagt, aber nicht das, was er macht.” Türkisches Sprichwort
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